Mittwoch, 14. August 2024

Die Rolle von Künstlicher Intelligenz und Psychologie während der Golden Hour nach Kriegsverletzungen


Die „Golden Hour“ bezeichnet das kritische Zeitfenster unmittelbar nach einer schweren Verletzung, in dem eine rechtzeitige medizinische Intervention über Leben und Tod entscheiden kann. In der militärischen Notfallmedizin ist dieses Konzept von zentraler Bedeutung. Dieser Artikel untersucht die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) und Psychologie bei der Optimierung der Versorgung während dieser kritischen Stunde. KI-Technologien können die Effizienz und Genauigkeit von Diagnosen und Behandlungsentscheidungen verbessern, während psychologische Interventionen den Stress für Patienten und medizinisches Personal reduzieren können. Die Integration dieser Disziplinen könnte in Zukunft die Überlebenschancen in Kriegs- und Notfallsituationen weiter erhöhen.

Einführung
Der Begriff der „Golden Hour“ bezieht sich auf das erste kritische Zeitfenster nach einer schweren Verletzung, in dem die Wahrscheinlichkeit, dass eine verletzte Person überlebt, am höchsten ist, wenn sie sofort und angemessen behandelt wird (Cannon et al., 2001). Ursprünglich in der militärischen Notfallmedizin geprägt, wird dieses Konzept auch in zivilen Notfallsituationen angewendet. Mit dem Fortschritt der Technologien und einem besseren Verständnis der menschlichen Psychologie ist es möglich, die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung während der Golden Hour erheblich zu verbessern.

Die Rolle der Künstlichen Intelligenz
Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, die medizinische Versorgung während der Golden Hour erheblich zu optimieren. KI-gestützte Systeme können Vitalparameter in Echtzeit überwachen und analysieren, was eine schnelle und präzise Diagnose ermöglicht (Topol, 2019). Solche Systeme könnten beispielsweise sofort erkennen, ob eine innere Blutung vorliegt, und entsprechend priorisierte Behandlungsoptionen vorschlagen. Zudem können KI-Algorithmen dazu beitragen, logistische Herausforderungen zu bewältigen, indem sie die effizientesten Wege für die Evakuierung von Verwundeten berechnen, basierend auf Daten wie Wetterbedingungen, Geländebeschaffenheit und Transportverfügbarkeit (Rumsfeld et al., 2020).

Ein weiterer Aspekt ist die Entwicklung von autonomen, KI-gesteuerten Robotern, die in der Lage sind, erste Hilfsmaßnahmen in gefährlichen oder schwer zugänglichen Gebieten durchzuführen. Diese Roboter könnten unter Umständen bereits vor dem Eintreffen menschlicher Rettungsteams lebensrettende Maßnahmen ergreifen (Murphy et al., 2016).

Die Rolle der Psychologie
Die Psychologie spielt eine entscheidende Rolle während der Golden Hour, indem sie die mentale Belastung sowohl der Patienten als auch des medizinischen Personals adressiert. Verletzte Personen, die schwere Traumata erleiden, stehen oft unter extremem Stress, der ihre Überlebenschancen negativ beeinflussen kann (Mitchell & Bray, 1990). Durch gezielte psychologische Interventionen, wie zum Beispiel Techniken zur Stressbewältigung und Beruhigung, kann der Stresslevel gesenkt und dadurch die Wirksamkeit der physischen Behandlung gesteigert werden (Mauer et al., 2019).

Für das medizinische Personal ist die psychologische Vorbereitung und Unterstützung ebenfalls von zentraler Bedeutung. Die Fähigkeit, unter extremem Druck klare Entscheidungen zu treffen, kann durch psychologische Schulungen und Techniken zur Stressbewältigung erheblich verbessert werden. Diese Schulungen helfen dem medizinischen Personal, in hochstressigen Situationen effektiv zu handeln, was wiederum die Qualität der Versorgung während der Golden Hour erhöht (Everly et al., 2015).

Schlussfolgerung
Die Integration von Künstlicher Intelligenz und Psychologie in die Notfallversorgung während der Golden Hour bietet vielversprechende Möglichkeiten, die Überlebenschancen von Verletzten zu erhöhen. KI kann durch präzise Diagnosen und optimierte logistische Prozesse zur Effizienzsteigerung beitragen, während die Psychologie die mentale Widerstandskraft von Patienten und medizinischem Personal stärkt. Zukünftige Entwicklungen in beiden Bereichen könnten dazu führen, dass die Golden Hour noch effektiver genutzt wird, um Leben zu retten.

Literaturverzeichnis

Cannon, J. W., Khan, M. A., Raja, A. S., Feyz, B. E., Como, J. J., Cotton, B. A., & Fox, E. E. (2001). Damage control resuscitation in patients with major trauma: Lessons learned from military and civilian experiences. Trauma Surgery & Acute Care Open, 6(1), e000623. https://doi.org/10.1136/tsaco-2020-000623

Everly, G. S., McCormack, D. K., & Strouse, D. A. (2015). The resiliency factor: A key to leadership in disruptive times. Oxford University Press.

Mauer, V., Stoll, C., & Yancher, S. (2019). Psychological support in trauma settings: A comprehensive approach to reducing PTSD and stress. Journal of Traumatic Stress, 32(4), 539-548. https://doi.org/10.1002/jts.22407

Mitchell, J. T., & Bray, G. P. (1990). Emergency services stress: Guidelines for preserving the health and careers of emergency services personnel. Prentice Hall.

Murphy, R. R., Tadokoro, S., & Kleiner, A. (2016). Disaster robotics. Springer Handbook of Robotics, 1577-1604. https://doi.org/10.1007/978-3-319-32552-1_60

Rumsfeld, J. S., Joynt Maddox, K. E., & Oetgen, W. J. (2020). AI in Medicine: The Evolution of Intelligent Systems and How They Will Transform Healthcare. Harvard University Press.

Topol, E. (2019). Deep Medicine: How Artificial Intelligence Can Make Healthcare Human Again. Basic Books.