Overfitting bei KI und Mensch

Overfitting und KI

Das Phänomen des Overfitting ist eine der zentralen Herausforderungen beim Trainieren von maschinellen Lernmodellen. Overfitting tritt auf, wenn ein Modell die Trainingsdaten zu genau lernt – inklusive des Rauschens und der Ausreißer in diesen Daten. Dies führt dazu, dass das Modell zwar auf den Trainingsdaten sehr gut performt, seine Leistung aber auf neuen, unbekannten Daten signifikant schlechter ist. Der Kern des Problems liegt in der mangelnden Generalisierungsfähigkeit des Modells; es ist so stark auf die spezifischen Eigenschaften der Trainingsdaten fokussiert, dass es bei Daten, die es während des Trainings nicht gesehen hat, nicht effektiv funktioniert.



Ein gut justiertes maschinelles Lernmodell strebt eine Balance zwischen Bias (Voreingenommenheit) und Variance (Varianz) an. Bias bezieht sich auf Fehler durch vereinfachte Annahmen im Lernalgorithmus, die es dem Modell erschweren, die wahre Beziehung zwischen Eingaben und Ausgaben zu erfassen. Variance bezieht sich auf Fehler durch zu viel Komplexität im Modell, was dazu führt, dass es zu stark auf die zufälligen Schwankungen in den Trainingsdaten reagiert. Overfitting ist typischerweise ein Resultat von zu hoher Variance, während das Gegenteil, Underfitting, durch zu hohen Bias verursacht wird.


Um Overfitting zu bekämpfen, gibt es verschiedene Strategien:


1. Datenanreicherung (Data Augmentation): Durch künstliche Vergrößerung des Trainingsdatensatzes mittels verschiedener Techniken (z.B. bei Bildern durch Drehungen, Verzerrungen oder Farbänderungen) kann das Modell auf eine breitere Datenbasis trainiert werden, was die Generalisierung verbessert.

2. Regularisierung: Techniken wie L1- und L2-Regularisierung fügen dem Optimierungsproblem eine Strafe für große Gewichte hinzu. Dies zwingt das Modell, seine Gewichte klein zu halten, was die Komplexität des Modells reduziert und Overfitting entgegenwirkt.

3. Cross-Validation: Durch systematisches Aufteilen der Trainingsdaten in mehrere kleinere Sets und Evaluieren der Modellperformance auf diesen kann die Robustheit des Modells gegenüber verschiedenen Datensätzen beurteilt werden. Dies hilft, Modelle zu identifizieren, die gut generalisieren.

4. Dropout: Eine spezielle Technik, die in neuronalen Netzwerken angewendet wird, bei der zufällig ausgewählte Neuronen während des Trainings ignoriert werden. Dies verhindert, dass das Netzwerk zu abhängig von bestimmten Neuronenpfaden wird und fördert die Generalisierung.

5. Beschränkung der Modellkomplexität: Durch die Auswahl eines Modells mit der richtigen Anzahl an Parametern oder Features kann verhindert werden, dass das Modell zu komplex für die verfügbaren Daten wird.


Der Schlüssel zur Vermeidung von Overfitting liegt im Verständnis der Balance zwischen der Komplexität des Modells und seiner Fähigkeit, auf unbekannten Daten zu generalisieren. Durch den Einsatz der genannten Techniken kann die Gefahr von Overfitting reduziert und die Leistung von maschinellen Lernmodellen in realen Anwendungen verbessert werden.


Overfitting bei menschlichem Lernen


Die Analogie zwischen Overfitting in maschinellen Lernmodellen und menschlichem Verhalten ist tiefgreifend und bietet einen interessanten Einblick in das Wesen von Lernprozessen, sowohl künstlicher als auch natürlicher Art. Menschen neigen, ähnlich wie Algorithmen, dazu, Muster in den Daten zu erkennen und auf dieser Grundlage Entscheidungen zu treffen. Diese Fähigkeit zur Mustererkennung ist grundlegend für Lernen und Anpassung. Allerdings kann sie auch zu Overfitting führen, wenn Individuen ihre Schlussfolgerungen zu stark auf spezifische, möglicherweise nicht repräsentative Erfahrungen oder Informationen stützen.


In menschlichen Kontexten manifestiert sich Overfitting oft in Form von kognitiven Verzerrungen oder Fehlurteilen. Beispielsweise kann eine Person, die wiederholt spezifische Erfahrungen in einem bestimmten Bereich gemacht hat, dazu neigen, diese Erfahrungen überzugeneralisieren und anzunehmen, dass sie in weit breiteren Kontexten anwendbar sind, als es tatsächlich der Fall ist. Dies kann zu Entscheidungen führen, die in neuen oder leicht abweichenden Situationen nicht optimal sind.


Ein klassisches Beispiel für menschliches Overfitting ist das Phänomen der “Teaching to the Test” in Bildungssystemen. Hierbei konzentrieren sich Lehrkräfte und Lernende vorrangig auf die Inhalte und Formate spezifischer Prüfungen, anstatt auf ein umfassendes Verständnis des Lehrstoffs. Die messbare Metrik – in diesem Fall die Prüfungsergebnisse – wird zum Hauptziel des Lernprozesses, möglicherweise auf Kosten tiefergehenden Verständnisses oder der Fähigkeit, das Gelernte in anderen Kontexten anzuwenden. Die Metrik soll eigentlich den Lernerfolg abbilden, doch wenn der Fokus zu eng darauf liegt, kann das dazu führen, dass das eigentliche Ziel, nämlich eine breite und flexible Anwendung des Wissens, verfehlt wird.


Um solche Overfitting-Effekte bei Menschen zu vermeiden, ist es wichtig, Lern- und Bewertungsstrategien zu entwickeln, die ein breites Verständnis fördern und Flexibilität in der Anwendung des Gelernten ermutigen. Dazu gehört die Verwendung diversifizierter Lernmaterialien, der Wechsel zwischen verschiedenen Lernkontexten und die Bewertung durch vielfältige Methoden, die unterschiedliche Kompetenzen und Fähigkeiten erfassen. Kritisches Denken und die Fähigkeit, Gelerntes auf neue, unbekannte Situationen zu übertragen, sind dabei entscheidend.


Darüber hinaus zeigt diese Analogie, wie wichtig es ist, die Limitationen und potenziellen Verzerrungen unserer eigenen kognitiven Prozesse zu erkennen und zu verstehen. Durch Selbstreflexion und die bewusste Auseinandersetzung mit unseren Lern- und Entscheidungsprozessen können wir versuchen, die Balance zwischen spezifischem Wissen und Generalisierungsfähigkeit zu verbessern. So wie bei maschinellen Lernmodellen Techniken gegen Overfitting eingesetzt werden, können auch Menschen Strategien anwenden, um flexibler und adaptiver in ihrem Denken und Lernen zu sein.


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