Ablenkung durch Neue Medien
Smartphones und andere interaktive Medien lenken in vielerlei Hinsicht ab und binden kognitive Kapazität.
Smartphones und andere interaktive Medien lenken in vielerlei Hinsicht ab und binden kognitive Kapazität. Dabei lenken Smartphones keineswegs allein und ausschließlich während ihrer Nutzung ab. Ein klingelndes Smartphone außer Greifreichweite, ohne Möglichkeit den Anruf zu beantworten verursachte in einer Studie aus 2015 eine erhöhte Herzfrequenz, Angstgefühle und eine geringere kognitive Leistungsfähigkeit (Clayton et al. 2015). Eine weitere Studie untersuchte den Einfluss des Smartphones auf die kognitive Kapazität allein durch die Präsenz eben dieses. Hierfür wurde untersucht, inwieweit sich die kognitive Kapazität verändert, wenn das Smartphone in einem anderen Raum, in der Tasche oder auf dem Tisch lag. Dabei stellten die Autoren fest, dass ein Smartphone, das auf dem Tisch in Sichtweite (jedoch mit dem Display nach unten) liegt und lautlos gestellt ist, die Leistungsfähigkeit des Arbeitsgedächtnisses signifikant mehr reduziert als ein Smartphone, welches sich in einem anderen Raum befindet. Der Unterschied zwischen dem Smartphone auf dem Tisch und dem Smartphone in der Tasche war ebenso zu erkennen, jedoch nicht signifikant. Ein Smartphone in der (Hosen-)Tasche lenkt also beinahe genauso ab, wie ein Smartphone, das neben einem auf dem Tisch liegt. Ebenso kein Unterschied wurde festgestellt, wenn das Smartphone lautlos oder ganz ausgeschaltet auf dem Tisch lag. Interessanterweise unterschied sich die Selbsteinschätzung der Leistungsfähigkeit erheblich von den gemessenen Daten. Die meisten Studienteilnehmer gaben an, dass der Ort des Smartphones keinen Einfluss auf Ihre Leistungsfähigkeit gehabt habe (Ward et al. 2017). Die Wahrnehmung hinsichtlich der ablenkenden Wirkung, in diesem Fall von Smartphones, scheint sich also deutlich von den realen Messwerten zu unterscheiden. Die Ablenkungswirkung von Neuen Medien bezieht sich demnach nicht ausschließlich auf die Nutzung oder darauf, dass sich das Smartphone/ Smartwatch etc. durch Vibrieren oder Klingeln bemerkbar macht. Allein die Präsenz verringert die kognitive Leistungsfähigkeit. Wie stark der Effekt ist, hängt zudem davon ab, wie abhängig Personen von diesem Medium sind bzw. wie wichtig es für diese Personen ist (Ward et al. 2017).
Am besten untersucht ist derzeit die Ablenkungswirkung von Smartphones beim Autofahren und im Straßenverkehr.
In einer Metaanalyse zur Ablenkungswirkung von Nebenaufgaben beim Autofahren hat die Technische Universität Braunschweig im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer (UDV) aus 70 Studien die Anzahl an Beeinträchtigungen der Fahrleistung während der Ausführung verschiedener Nebenaufgaben mit Informations- und Kommunikationssystemen (IKT) analysiert.
Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass die Ablenkungswirkung – zumindest beim Autofahren – auch von der Art der Nutzung der IKT abhängt. Als wenig ablenkend gilt hierbei:
• Textbotschaft annehmen (nicht lesen),
• Radio Sender einstellen
• Bedienung von Systemen im Fahrzeug (sehr heterogen)
Als ablenkend werden folgende Nebenaufgaben beschrieben:
• Musikauswahl
• Telefonieren
• Textbotschaften senden (Empfängerauswahl)
Als störend werden folgende Nebenaufgaben beschrieben:
• Bedienung von Navigationssystem und Smartphone
• Textbotschaften lesen und schreiben
Zusammenfassend scheint es, dass die Ablenkungswirkung mit der visuellen und manuellen Beanspruchung, sowie der kognitiven Beanspruchung, ansteigt.
(Literatur und Referenzen beim Autor: harald.schaub@googlemail.com)