Posts

Psychologie und militärische Anforderungen

Bild
Moralische und ethische Herausforderungen im militärischen Kontext können sich  beispielsweise in Form von Moral Distress und Moralischem Disengagement manifestieren. Moral Distress tritt auf, wenn Soldaten spüren, dass sie Entscheidungen treffen müssen, die ihren eigenen moralischen Überzeugungen widersprechen, während sie sich gleichzeitig an Befehle und militärische Vorgaben halten sollen. Moralisches Disengagement beschreibt hingegen die Tendenz, unangenehme Handlungen durch Rationalisierungen zu rechtfertigen oder die Verantwortung dafür zu externalisieren. Hieran anknüpfende Theorien sind unter anderem Kohlbergs Stufentheorie der Moralentwicklung, die aufzeigt, wie Individuen im Lauf ihrer Entwicklung ihre Entscheidungsfindung anhand moralischer Prinzipien verfeinern, und Banduras Theorie der Moralischen Entkopplung, die erklärt, wie Menschen selbst schwerwiegende Handlungen psychologisch entkoppeln und vor sich rechtfertigen können. Psychologische Resilienz und mentale Stär...

Emotionale Intelligenz und Künstliche Intelligenz: Potenziale und Grenzen

Bild
Emotionale Intelligenz wurde erstmals durch Salovey und Mayer (1990) als die Fähigkeit definiert, Emotionen bei sich selbst und anderen wahrzunehmen, zu verstehen, zu regulieren und zielgerichtet einzusetzen. In einer Welt, in der KI zunehmend in zwischenmenschliche Interaktionen integriert wird, ist die Fähigkeit dieser Systeme, emotionale Intelligenz zu erkennen und zu simulieren, von wachsender Relevanz. Dabei ergibt sich die zentrale Herausforderung, dass KI auf Daten und Algorithmen basiert und somit nicht über die subjektive Erfahrung verfügt, die für EI grundlegend ist (Damasio, 1994). 1. Erkennung von emotionaler Intelligenz beim Menschen durch KI KI-Systeme sind mittlerweile in der Lage, spezifische emotionale Signale zu erkennen, indem sie auf Technologien wie Computer Vision, Sprachanalyse und Natural Language Processing (NLP) zurückgreifen. Beispielsweise ermöglichen Gesichtserkennungsalgorithmen die Analyse von Mimik, um Emotionen wie Freude oder Ärger zu identifizieren (E...

Psychologische Perspektiven auf autonome Mobilität und Schutz ungeschützter Verkehrsteilnehmender

Bild
Die zukünftige Mobilität ist durch autonome und hochautomatisierte Fahrzeuge sowie deren Interaktion mit ungeschützten Verkehrsteilnehmenden geprägt. Dabei stehen psychologische Prozesse im Vordergrund, die Aspekte menschlicher Wahrnehmung, Kognition und Emotion ebenso einbeziehen wie soziale Fragen der Akzeptanz und des Vertrauens in neue Technologien. Vulnerable Road Users sind heute in vielen Regionen der Welt massiv von Unfallrisiken betroffen. Etwa die Hälfte aller im Straßenverkehr getöteten Personen zählt zu dieser Gruppe. Fehlende schützende Fahrzeugstrukturen und oft suboptimale Rahmenbedingungen führen zu schwerwiegenden Verletzungsfolgen. Gleichzeitig fördern wachsende urbane Räume und ein Umdenken in Richtung nachhaltiger Mobilität die Bedeutung von Fußgängern, Radfahrenden und anderen nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmenden. Die Ausweitung moderner Assistenzsysteme, intelligenter Fahrzeugfronten und kommunikativer Schnittstellen zwischen Fahrzeugen und Menschen verspricht...

Auf dem langen Weg der Ertüchtigung: Die Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit unter Berücksichtigung psychologischer, kognitiver und sozialer Aspekte

Bild
Die Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit eines Landes erfordert nicht nur technologische und strukturelle Anpassungen, sondern auch eine differenzierte Betrachtung der psychologischen, kognitiven und sozialen Dimensionen. Die menschlichen Faktoren – von individueller Wahrnehmung bis hin zu kollektiven Überzeugungen – sind wesentliche Determinanten für die Wirksamkeit von Sicherheitsstrategien. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung dieser Aspekte vor dem Hintergrund der Herausforderungen der Bedarfsdeckung und der spezifischen Bedingungen des Operationsgebiets Deutschland. Psychologische Dimensionen der Verteidigungsfähigkeit Individuelle Resilienz : Die Resilienz von Soldaten und Sicherheitspersonal ist entscheidend für deren Fähigkeit, in hochstressigen und dynamischen Situationen zu agieren. Psychologische Trainingsprogramme, die Stressbewältigungsmechanismen und emotionale Regulation fördern, können die Einsatzfähigkeit und die langfristige mentale Gesundheit stärken. Wahrnehmu...

Sisu: Die finnische Form der Resilienz

Sisu ist ein zentrales Konzept der finnischen Kultur, das sich schwer in andere Sprachen übersetzen lässt. Es bezeichnet eine innere Stärke, Ausdauer und Hartnäckigkeit, die es ermöglicht, selbst in schwierigen Situationen weiterzumachen. Dabei geht es weniger um kurzfristige Willenskraft als um eine tiefergehende, nachhaltige Form von Resilienz, die sich in Momenten der größten Herausforderung zeigt. Sisu steht für den Mut, trotz Rückschlägen und Erschöpfung voranzugehen und das scheinbar Unmögliche zu erreichen. Kernmerkmale von Sisu 1. Durchhaltevermögen: Sisu beschreibt die Fähigkeit, selbst dann durchzuhalten, wenn äußere Umstände oder innere Widerstände überwältigend erscheinen. 2. Mut: Sisu erfordert, Ängste zu überwinden und trotz Unsicherheit und Risiko zu handeln. 3. Selbstkontrolle: Sisu beinhaltet die Fähigkeit, Emotionen zu regulieren und einen klaren Kopf zu bewahren. 4. Nachhaltigkeit: Anders als kurzfristige Motivation ist Sisu auf langfristig...

Die Psychologie und Soziologie des Wartens, der Pünktlichkeit und der Ungeduld

Warten, Pünktlichkeit und Ungeduld sind universelle menschliche Erfahrungen, die stark von kulturellen, sozialen und psychologischen Faktoren geprägt sind. In einer immer schnelllebigeren Welt wird das Warten oft als unangenehme Unterbrechung wahrgenommen, während Pünktlichkeit als Tugend gilt und Ungeduld zunehmend zum Ausdruck von Stress und Zeitdruck wird. Dieser Artikel untersucht die psychologischen und soziologischen Mechanismen, die diesen Phänomenen zugrunde liegen, und beleuchtet ihre kulturelle Dimension. Psychologie des Wartens Das Warten ist eine Erfahrung, die sowohl mit negativen Emotionen wie Frustration und Stress als auch mit positiven wie Vorfreude verbunden sein kann. Die Wahrnehmung von Wartezeiten wird durch Faktoren wie Unsicherheit, Kontrolle und die soziale Umgebung beeinflusst (Maister, 1985). Studien zeigen, dass Unsicherheit über die Dauer oder das Ergebnis eines Wartens die emotionale Belastung verstärkt (Larson, 1987). Die Psychologie des Wartens beto...